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Berlin | Gedächtniskirche & Breitscheidplatz

54622 Views 168 Replies 41 Participants Last post by  erbse
In diesem Strang geht es um die städtebauliche Entwicklung, aber auch die Historie des Breitscheidplatzes und seiner Umgebung.
Dazu gehören etwa die stadtbilddominierende Gedächtniskirche, der ehemalige Zoobogen (Bikini Berlin), das Zoofenster, das zur Disposition stehende Schimmelpfenghaus, das Europa-Center und weitere Bauten.


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@Abrißbirnen
Nett, wie bei diesem Werbebildchen* des Atlas-Tower durch Augpunktwahl schamhaft versucht wird, den Verlust der Platzraum konstituierenden Schimmelpfeng-Wand zu kompensieren.

* zur Karikatur der Kollhoff-Jahn-Potsdamer-Platz-Zwillinge
(schauseitig Fassadenknick, klinkerig gestaffelter Turm links, Glasturm rechts)
Hauptsache dicke Autos und blonde Frauen davor, dann werden sich schon Zeitgenossen finden, die das "berlinisch", "wertig" und "urban" finden.
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Und? Im Gegensatz zu denen werden Arbeiter in Deutschland aber auch tatsächlich bezahlt - und zwar nicht nur mit magischen Bohnen.
http://www.pnn.de/brandenburg-berlin/639862/
Wie berichtet hatten das RBB-Politmagazin Klartext und die ARD-Sendung Kontraste gezeigt, wie rund 60 osteuropäische Bauarbeiter in Westen der Reinigungsfirma Gegenbauer trotz vorgesehener Kontrollen unbehelligt auf die BER-Baustelle gebracht wurden, um dort zu Dumpinglöhnen zu arbeiten. Wenigstens einem davon wurde später sogar die Auszahlung seines Lohns verweigert. Eigentlich ist das Betreten des Geländes laut Flughafengesellschaft nur unter Vorzeigen eines speziellen Baustellenausweises möglich. Am Donnerstag hatte die Flughafengesellschaft allerdings eingeräumt, dass es für insgesamt drei Firmen Ausnahmeregeln gebe. Demnach könnten diese ihre Mitarbeiter mit einem Sammelausweis per Bus auf die Baustelle bringen, bis die individuellen Baustellenausweise ausgestellt seien. Die Firma Gegenbauer sei eine von drei Firmen, für die dieses Prozedere eingerichtet worden sei. Bereits im Dezember sorgte ein Fall von ungarischen Bauarbeitern am BER für Schlagzeilen, die ebenfalls um ihre Löhne geprellt wurden.
@krysmopompas: Was ist genau deine Kritik? Wenn ich richtig verstehe sagst du, dass das Schimmelpfeng-Haus einen Stadtraum, einen Platz(?), erzeugt hat und dass du dessen Wirkung bei den neuen Planungen vermisst.

Das ist in gewisser Weise zum Teil richtig, man kann durch hohe Wände einen Platz definieren, so wie man durch vier Wände ein abgeschlossenes Zimmer definieren kann. Was du allerdings vernachlässigst, ist dass sich im städtischen Umfeld ein Platz gerade auch durch seine Zugänge definiert durch die Menschen den Platz schon von weiten wahrnehmen bzw. durch die man vom Platz aus sich einen Überblick über die umgebende Stadt verschaffen kann. Auf diese Weise erzeugt ein Platz einen Freiraum, der auch optisch eine Freiheit erzeugt. Wenn man rings um so einen Platz und selbst über die Strassen, Wände baut, dann hat man zwar ein abgegrenztes Volumen in der Stadt, aber es ist durch die Abgrenzung eben auch völlig ohne Bezug zum Rest der Stadt. Ich persönlich sehe darin nichts Erstrebenswertes, aber viellciht kannst du ein wenig darauf eingehen, warum eine solche Situation für dich attraktiver ist als die offene Platzgestaltung wie sie offenbar geplant ist.
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Freiraeume gibts genug. Es macht keinen Sinn die ganze Stadt "offener" zu machen.
Es gibt auch eine andere Art von Urbanitaet.
Das meine ich allgemein, gar nicht mal speziell fuer diesen Fall ...
Insofern ist es einfach eher 'anders', aber nicht per se besser, einen Freiraum hier geschaffen zu haben. Andere Wirkungen, Strukturen ...
Ich finde weder das eine noch das andere schlecht, nur eben schade, dass so ein Bau an sich weg ist ...
Warum eigentlich? Also, warum ist es schade, dass das Haus weg ist? Sind das sentimentale Gründe? Von meiner Seite aus ist das Haus nichts besonderes gewesen und hat eher gestört als genützt.
Warum stört denn etwas, was nichts besonderes ist?
Berliner Beispiele für Urbanität und Räumlichkeit beraubter Freiflächen sind z.B.der Ernst Reuter-Platz oder die Kreuzung Lietzenburger/Kleiststraße/Urania, deren Unort-Qualitäten sich der ehemalige Breitscheidplatz zugunsten investorenfreundlicher Objektfixiertheit inzwischen nähert.

@trance-x
Freiflächen gibt's in Berlin en masse, nicht aber Freiräume.
Wenn überhaupt, dann helfen Projekte wie Bikini Berlin, Zoofenster und Atlas Tower, dem Platz eine urbane Fassung zurückzugeben und der Umgebung wieder Leben einzuhauchen.

Die Platzstruktur leidet vorallem unter den grässlichen und toten Eiermann-Bauten, die dem Stadtraum viel Urbanität rauben.

Die meisten Besucher des Breitscheidplatzes wundern sich, warum man die Ruine der Gedächtniskirche durch diesen autistisch-modernistischen Brei entwürdigt hat. Habe ich auch hier im Forum schon von etlichen internationalen Berlin-Besuchern gelesen.
Warum stört denn etwas, was nichts besonderes ist?
Diese beiden Dinge schließen sich nun mal nicht aus.


Berliner Beispiele für Urbanität und Räumlichkeit beraubter Freiflächen sind z.B.der Ernst Reuter-Platz oder die Kreuzung Lietzenburger/Kleiststraße/Urania, deren Unort-Qualitäten sich der ehemalige Breitscheidplatz zugunsten investorenfreundlicher Objektfixiertheit inzwischen nähert.
Bitte mal erklären, inwiefern die Kreuzung an der Urania und der Ernst-Reuter-Platz durch Investorenfreundlichkeit ihrer Urbanität beraubt wurden.
3
Der Abriss des gehassliebten Schimmelpfenghaus vor der Gedächtniskirche schreitet offenbar weiter voran :applause:

Ich habe vor Ort Arbeiten ausmachen können, ein zusätzliches Gerüst wurde montiert.

Scheint nun also richtig los zu gehen?!
Und es gibt immer noch Leute, die aus irgendeinem Grund dieses Gebäude für besonders erhaltenswert halten. Warum eigentlich?

Hier mal ein paar Bilder:


http://www.baurecht-denkmalschutz.de/fotos/Schimmelpfeng_250207_1500.jpg


http://farm1.staticflickr.com/183/442209703_38c966d776_b.jpg


http://h9.abload.de/img/alim0618lz59.jpg
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Das Schimmelpfenghaus hat schon einen gewissen 50er-Charme. Mir gefallen z.B. der Laubengang, der bronzene nierenartige Restauranteinbau und die teils klassische Anmutung der Fassadenstruktur.

Dennoch: Es ist der falsche Bau am falschen Ort. Er sperrt den Stadtraum wie eine Mauer ab, ohne ein Platzgefühl zu befördern. Die Überragung des Straßenraumes ist fatal und dem fehlinterpretierten Glauben an die autogerechte Stadt geschuldet. Durch die horizontale Massigkeit des Schimmelpfenghauses verliert der Platz zudem an Kleinteiligkeit und Vielschichtigkeit.

Anderswo könnte man mit so einem Riegel vielleicht leben, aber nicht am Breitscheidplatz.
Die Proportionen werden durch die neue Bebauung wiederhergestellt und die Urbanität gewinnt durch die Hochhäuser eine neue Dimension. Letztlich entsteht wieder ein wahrlich großstädtischer Stadtraum, dank Zoofenster, Atlasturm und weiterer Projekte.
Warum eigentlich? Also, warum ist es schade, dass das Haus weg ist? Sind das sentimentale Gründe? Von meiner Seite aus ist das Haus nichts besonderes gewesen und hat eher gestört als genützt.
Wurde doch schon erklaert. Es repraesentiert eine bestimmte urbane Epoche weit besser als viele 'plattenbauaehnliche' Bauten bzw. so Vorort-Ferien-Hotel Bauten. Und es wuerde auch weiter urbaner wirken, gerade als Kontrast zwischen neuerem und aelterem so wie in New York auch aeltere urbane Haeuser den Kontrastreiz ausmachen zu den neueren ...
Hier gehts um wertigere, wertvollere Architektur, die entfernt wurde.


@trance-x
Freiflächen gibt's in Berlin en masse, nicht aber Freiräume.
Es ging einfach um den Oeffnungsaspekt. Eine Hauptprioritaet war ja die 'Barrierewirkung' zur Kantstrasse hin entfernen.
Und derlei "urbane Barrieren" gibts eben nicht so viele, werden auch seltener gebaut ... weil der Drang zu mehr Lichtigkeit und Offenheit, Transparenz staedtebaulich eine gewisse Rolle spielt ...
Daher werden auch gern Tunnel zugeschuettet, allerdings besteht die Gefahr, dass in Summe derlei Egalisierungsgeschichten eine gewisse egalisierende Verflachung mit einhergeht, die die staedtischen Strukturen ein bisschen langweiliger machen. Vielschichtigkeit geht verlustig ... es gibt einen gewissen Unterschied, ob eine Metropole Hoehen und Tiefen, hat, Unter- und Ueberfuehrungen oder einfach nur platt ist, alles Ebenen-maessig flach und offen ... Daher wirken ja auch gerade die aufgestelzten U- und S-Bahnlinien so metropolisch attraktiv...voellig andere Assoziationen als waere alles unter der Erde verlegt ...

Mich persoenlich stoert eigentlich in diesem Falle nicht, dass es zur Kantstrasse hin geoeffnet wurde, das ist einfach anders, nicht besser oder schlechte, sondern der Verlust des Baues an sich. Optimal waere es gewesen, man haette es woandershin schieben koennen.
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Nich rumeiern - oder doch?

Die Platzstruktur leidet vorallem unter den grässlichen und toten Eiermann-Bauten, die dem Stadtraum viel Urbanität rauben.

Die meisten Besucher des Breitscheidplatzes wundern sich, warum man die Ruine der Gedächtniskirche durch diesen autistisch-modernistischen Brei entwürdigt hat. Habe ich auch hier im Forum schon von etlichen internationalen Berlin-Besuchern gelesen.
Okay, das stimmt. Das kann man im nachhinein zugeben.

Es stand ja bestimmt noch einiges vom Kirchenschiff herum, das man ebenfalls gut in Szene hätte setzen können.

Das ist irgendwie schade. Darauf bin ich noch gar nicht gekommen.

Ich fand den Einwand insofern richtig, als die kleineren Eiermann-Bauten tatsächlich nerven. Ich fand die großen Bauten, also Lippenstift und Puderdose, durchaus attraktiv und atmosphärisch.

Das stimmt schon, was du sagst. Aber jetzt stehen die schon 50 Jahre.

Sie gehören stark zur Identität (West-)Berlins. Eine nachträgliche Änderung des Konzepts geht jetzt wohl nicht mehr.
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^^ Was hältst du von einem Wiederaufbau der Kirche?
Es hat schon einen gewissen 50er-Charme. Mir gefallen z.B. der Laubengang, der bronzene nierenartige Restauranteinbau und die teils klassische Anmutung der Fassadenstruktur.

Dennoch: Es ist der falsche Bau am falschen Ort. Er sperrt den Stadtraum wie eine Mauer ab, ohne ein Platzgefühl zu befördern. Die Überragung des Straßenraumes ist fatal und dem fehlinterpretierten Glauben an die autogerechte Stadt geschuldet. Durch die horizontale Massigkeit des Schimmelpfenghauses verliert der Platz zudem an Kleinteiligkeit und Vielschichtigkeit.
Da bin ich ja froh, daß ich doch nicht so geschmacksverirrt bin. Es geht ja auch nicht darum, diesen Bau unbedingt zu erhalten.

Ich finde den Südteil als solchen jetzt durchaus schön und fand den Nordteil auch das eigentliche Problem, aus den genannten Gründen. Es ist tatsächlich eine Befreiung, daß der Überbau weg ist.

Honk, du Ossi. Die Bauchschmerzen sind auch deshalb berechtigt, weil der Bau halt Identität Westberlins ausmacht. Da können Cosmo und anderleut noch so viel sagen, wie sie wollen.

Deshalb muß man sowas nicht ewig konservieren, aber einen etwas längeren Abschied hätte ich mir schon gewünscht. Das sind zwar nur Nebenaspekte - das ist mir klar - aber sowohl für's Zoofenster als auch für den Atlas wäre es besser, wenn man noch zwei Jahre wartete.

Dann hätte ich zumindest ein besseres Gefühl. Das Zoofenster könnte strahlen und reüssieren.

Und in drei, vier Jahren wäre dann noch mal ein Paukenschlag dabei. Etwas Neues. Wahrscheinlich muß ich in eine Selbsthilfegruppe für Hochsensible.

PS: Ich finde die verächtliche Haltung gegenüber dem Schimmelpfenghaus durchaus pathologisch bzw. verräterisch. Das ist für mich pathologischer Neuerungswahn und Playmobil-Mentalität.
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Ich bin gegen einen Wiederaufbau. Sonst würde ich für nahezu jeden schmerzlichen Verlust in die Bresche springen.

Aber die Ruine der Gedächtniskirche hat einfach einen zu großen Symbolwert. Sie ist im historischen Gedächtnis als Erbe des Bombenschreckens und der (Nach)Kriegswirren gebrandmarkt. Würde man sie rekonstruieren, ginge etwas verloren.

(Anders seh ich's z.B. bei den entsprechenden Pendants in Hamburg, Hannover, Wismar usw...)
Ich bin auch gegen einen Wiederaufbau ...
Die Ruine sieht cool aus und ist laengst auch ein Symbol mit entsprechender Geschichte drumrum ... lebende Geschichte quasi ...
Ganze Kirchen gibts wie Sand am Meer ...
Verächtlich ganz und garnicht. Ich fand das Ding nicht schlecht. Aber auch nicht sonderlich gut oder herausragend. Alles auf biegen und brechen erhalten, selbst wenn es nur normale Durchschnittsware ist muss ja auch nciht sein. Zoofenster und Atlas-Turm zusammen machen es jedenfalls mehr als wett.
Die Kirche muss so bleiben, sie strahlt ein eindeutiges Zeiches aus, von dem, was Krieg bedeutet. Es ist ein Mahnmal, von denen es in Berlin ruhig 2-3 mehr dieser Art hätte geben können.

Wenn jetzt auch noch dieses Mahnmal verschwinden würde und man die Wunden vertuschen würde, wäre dies sehr schade!

Die Kirche soll so bleiben und die neuen modernen Bauten rundherum werden diese auch mehr in den Vordergrund heben. :cheers:
Meine Fresse, beinahe alle Deutschen haben Angehörigen in diesem Krieg verloren, deshalb muss man nicht auch noch das Leben der Nachkommen x-ter Generation durch so eine Scheiße verhaesslichen.

Und Krieg bedeutet eben nicht, dass man Bomben auf Kirchen wirft. Das verstehen nur unsere Demokratiefreunde darunter.
Nichts führt den Terror des Krieges eindrucksvoller vor Augen als eine stadtbildprägende Ruine.

Die Ruinen des Forum Romanum und des Colosseum zeugen noch heute vom Untergang des römischen Imperiums.
Stell dir mal vor, man hätte diese Bauten abgeräumt. Das wäre eine historische Wunde sondergleichen für Rom. Eine Rekonstruktion hingegen hätte nach all der Zeit höchst befremdlich und geschichtsverfälschend gewirkt. Aufgrund des Symbolcharakters sehe ich dies bei der Gedächtniskirche ähnlich.

An anderer Stelle ist eine Rekonstruktion von Kirchen problemlos machbar, bei der ebenso stadtbildprägenden Petrikirche etwa. Die Gedächtniskirche hingegen ist DAS Kriegssymbol Deutschlands. Das kann man nicht einfach opfern.
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