Also da stehen gleich ein paar Missverständnisse im Raum
Wobei das auch nur eine halbe Lösung ist, und keine wirkliche Hochgeschwindigkeitsstrecke, die hier aber jedenfalls angebracht wäre.
Eine "wirkliche" Hochgeschwindigkeitsstrecke gibt es in ganz Österreich nicht, Österreich ist auch zu klein, dass sich das auszahlt. (Echte Hochgeschwindigkeitsstrecke hieße Trennung Hochgeschwindigkeitszüge vom übrigen Verkehr, dass findet auch auf der Weststrecke Wien-St.Pölten nicht statt. In Österreich baut man Hochleistungsstrecken, eine solche ist sowohl bei Vmax 250km/h als auch bei Vmax 200km/h gegeben.
Mehr als 200 km/h ist bei Wien - Wiener Neustadt nicht "jedenfalls angebracht", sondern unsinnig, weil die notwendige Kantenfahrzeit von knapp 30 Minuten auch so erreicht wird. Man baut auf einen integrierten Taktfahrplan hin, bei Zugverkehr im Stundentakt ist 30 Minuten die bestmögliche Kantenfahrzeit, weil damit in beide Fahrtrichtungen derselbe Knoten eingehalten werden kann. Bsp aus der Infrastrukturplanung: wenn man die Möglichkeit hat, die Fahrzeit einer Strecke um 100 Mio Euro von 57 Minuten auf 47 Mintuen zu reduzieren oder woanders die Fahrzeit um 100 Mio von 62 Minuten auf 57 Minuten zu reduzieren, dann ist die 2. Möglichkeit deutlich (obwohl nur 5 statt 10 Minuten für dasselbe Geld eingespart) besser, weil es die Knotenstrukur optimiert, von der ersten Investition hat hingegen niemand was. Umgelegt auf die Praxis: was hätten die ÖBB-Kunden davon, Wien-Wr.Neustadt statt in 30 Minuten in 28 Minuten zu erreichen? Machen die 2 Minuten für irgendjemanden einen Unterschied? (und auf 50km ist der Unterschied zwischen 200km/h und 230km/h nun mal nicht mehr als 1,96 Minuten.)
Die Plangeschwindigkeit ist "bis zu 200km/h", und im Gegensatz zur neuen Westbahn werden auf einer sehr kurzen Distanz einige Bahnhöfe durchfahren, damit wird das real deutlich geringer werden (keine Ahnung, was die maximale Durchfahrtsgeschwindigkeit ist, aber wohl kaum 200km/h..): Hennersdorf, Achau, Münchendorf, Ebreichsdorf (neuer Bahnhof), Wampersdorf, Pottendorf, Ebenfurth:.
Richtig erkannt: die Langsamfahrteile zu Beginn und am Ende der Strecke (Stadtgebiet WrNeustadt, Wien) und die Durchgangsbahnhöfe haben auf die Fahrzeit wesentlich mehr Einfluss als die Höchstgeschwindigkeit. Durchfahrtsgeschwindigkeit bei den Bahnhöfen auf der Pottendorfer Linie wird aber 180km/h sein. Das reicht.
Ein gutes Zitat dazu aus der NÖN: "Die Pottendorfer Linie wird für eine Geschwindigkeit bis zu 200 km/h ausgebaut, was eine Fahrtzeit im Fernverkehr zwischen Wien Hautbahnhof und Wiener Neustadt von 30 Minuten ermöglicht. Genau das fährt ein Railjet aber auch heute schon...
Nocheinnmal: eine Reduktion unter 30 Minuten ist gar nicht erwünscht, weil man nur für sehr viel Geld eine Fahrzeit ausserhalb des Taktgefüges schaffen würde. Erst eine Fahrzeit von knapp 15 Minuten würde wieder in den Takt passen und das ist nicht realistisch.
Also, das ist eine reine Kapazitätsverbesserung, und eigentlich nur eine Maßnahme für den Lokal/Regionalverkehr, der Fernverkehr auf der Südbahn ist ausgenommen der in Bau befindlichen Tunnel nur zweitklassig.. Enttäuschend..
Die Kapazitätsverbesserung im Lokal/Reginalverkehr ist für den Großteil der Bahnkunden aber wesentlich wichtiger als der Fernverkehr, insbesondere als eine Beschleunigung des Fernverkehrs um 2 Minuten.
Außerdem wird auch eine Kapazitätsausweitung für den Fernverkehr möglich. Neben dem stündlichen RJ Wien-Wr.Neustadt ist ein zusätzlicher stündlicher RJ Wien-Bruck/Mur ohne Zwischenhalt vorgesehen. Falls Haselsteiner auf der Südstrecke genausoviel Geld verbrennen will wie auf der Weststrecke, wäre auch noch für einen privaten Anbieter Platz, das ist derzeit undenkbar.
Also man überlässt die nahezu schnurgerade Rennstrecke den Regionalzügen und der S-Bahn, um dann auf der Pottendorfer Linie durch die Dörfer zu gondeln? (Und in den einzigen geraden Abschnitt der Pottendorfer Line hat man eine Kurve eingebaut, dass er zum Rest dazupasst. Genial eigentlich.
1. Diese schnurgerade Rennstrecke ist nicht schnurgerade, sondern hat ebenfalls Kurven
2. Diese schnurgerade Rennstrecke ist auf Vmax = 160km/h ausgelegt, warum soll das eine Rennstrecke sein, die Pottendorfer Linie mit Vmax = 200km/h hingegen nicht?
3. Ob schnurgerade oder kurvig ist eigentlich egal, solang die Kurvenradien ausreichend sind, damit die Vmax auch in der Kurve gehalten werden kann
4. An der schnurgeraden Rennstrecke liegen nun einmal stark frequentierte Bahnhöfe wie Baden, Mödling und Liesing, daher bracht man dort wesentlich mehr Kapazität für Lokal- und Regionalverkehr als auf der Pottendorfer
5. Auf der Pottendorfer gondelt man mit 180km/h bis 200km/h durch die Dörfer, wobei 11 Haltestellen oder Bahnhöfe passiert werden. Auf der schnurgeraden Rennstrecke gondelt man mit 160km/h durch 19 Haltestellen oder Bahnhöfe.
Was ich bei der Grafik nicht verstehe ist, warum man nicht hinter Ebreichsdorf und Pottendorf einfach eine neue Strecke errichtet.
Weil eine neue Strecke deutlich mehr Verfahrensaufwand bedeutet (Enteignungen, die erst einmal vor dem Verwaltungsgerichtshof eine Rechtfertigung brauchen, das ist angesichts der Bestandsstrecke keine sichere Sache) und deutlich mehr kostet. Zusätzlich hat man dann keinen Regionalverkehr mehr in Ebreichsdorf, der ist aber durchaus wichtig (außer man behält alte UND neue Strecke, was aber nochmal deutlich teurer in der Erhaltung kommt.
Wenn man noch den Bogen zwischen Achau und Münchendorf weiter westlich mit nem geringeren Radius errichten würde, könnte man zwischen Hennersdorf und der Civitas Nova vermutlich genau so schnell fahren wie zwischen Tullnerfeld und St. Pölten.
Und wozu? Für einen Fahrzeitgewinn von nicht einmal 1,96 Minuten (die Strecke wird dadurch wieder länger, also geht vom Tempogewinn ein Teil verloren.
ZUSAMMENFASSUNG: zum Glück wird die Bahninfrastruktur von Leuten geplant, die sich hauptberuflich damit beschäftigen (die Politiker machen ohnehin Vieles wieder kaputt) und nicht von Usern, die gerne Striche auf der Landkarte zeichnen.